Unterschwellig erleichtert kommentierte so mancher Journalist am Dienstag, wie Ex-Präsident Bush in den Helikopter stieg und geradezu aus dem Rampenlicht der großen Politik verschwand. Aus den Augen, aus dem Sinn – so hätte es die amerikanische Öffentlichkeit wohl gerne mit einem der schlechteste Präsidenten der Landesgeschichte, was die Umfragewerte angeht. Auf dem Broadway taucht „Dubya“ noch einmal auf: in einer „One-Man-Show“ im Cort Theatre unweit des Times Square. Will Ferrell, dem Publikum hierzulande vielleicht aus seiner Rolle in „Schräger als Fiktion“ bekannt, ist in den USA ein bekannter Comedystar. Vor allem, weil er in der Fernsehshow Saturday Night Live acht Jahre lang Präsident Bush parodiert hat. „You’re Welcome, America – a final night with George W. Bush“ begreift Ferrell als künstlerischen Abschied von Bush.

Der Pilot des Airforce-Helikopters hatte das wohl ernstgemeint: Er wolle Bush ausgerechnet im linksliberalen New York absetzen. So wirbelt nun Rauch über die Bühne, Rotorengeräusche dröhnen, und ein verwirrter Ex-Präsident wird von oben abgeseilt. Bush mache einen letzten Versuch, alle zu überzeugen, dass er ein guter Präsident gewesen sei, erklärte Regisseur Adam McKay Time Out New York das Konzept.

Und so präsentiert Will Ferrell chronologische,  mehr oder minder wahre Anekdoten aus dem Leben von „Dubya“. Bush als kleiner Junge, der schon immer gerne auf Katzen zielte, die er an Propangastanks gebunden hatte. Bush, der in seinem Handy unter „Merkel“ vermerkt: „Keine Rückenmassagen mehr für diese Frau“. Ein Kleinbürger, der Danielle Steel und Kinderbücher liest. Und damit eine Parodie des privaten Bushs und keine politische Satire, sondern vor allem eine Zoten-Revue. Der angeblich so prüde Bush plaudert hier erleichtert von flotten Dreiern und homoerotischen Erfahrungen.

Wie schon der Werbeclip für das Stück zeigte, meint Bush, er dürfe als freier Mann jetzt schimpfen, furzen und den Stinkefinger, ja, sogar das Foto vom eigenen Penis zeigen – großformatig auf die Bühne projeziert. Das Publikum kreischt vergnügt.

Das Theater gerät hier zum Multiplex-Kinosaal, und das mag angesichts der sinkenden Besucherzahlen am Broadway derzeit die letzte Rettung sein. Vor dem Stück läuft Countrymusik; mittendrin fragt Will Ferrell – wie in einer Comedyarena – ins Publikum, wer zum Beispiel aus Texas sei. Wer antwortet, wird Witz-Opfer.

Hervorragend verdichtet der Abend die mal biedere, mal lächerlich volksnahe Selbstinszenierung des George W. Bush. Ferrell tritt in allen obligatorischen Kostümen auf: Anzug, Bomberjacke, Fliegeruniform und Cowboyoutfit. Absurd: Ein Mann aus dem Nordosten, in Connecticut geboren, in Massachusetts aufgewachsen, Yale- und Harvard-Absolvent, spricht als einziger in der Familie das cowboystiefelsohlenkauende Texas-Englisch. Das beherrscht Ferrell meisterhaft.

Er verlasse Washington, um Dallas zur neuen Partyhölle zu machen. Keine Angst, Präsident sei ja jetzt der kompetente „Tiger-Woods-Typ“. Ferrells Mimik und Gestik aber  ist schwach: nur der typische sonnengeblendete Bush-Blick, die  regelmäßig ratlos gehobenen Arme. Das können andere Imitatoren wirklich besser, etwa Frank Caliendo – Ferrell ist in Komikerkreisen ohnehin dafür bekannt, eher absurde Charaktere zu erfinden, denn nachzuahmen.

Umso mehr liegt Ferrell die Improvisation: Spontan etwa erfindet er ganz nach Bushs Marotte respektlose, verdichtete Spitznamen für einige Zuschauer, die ihm ihre Berufe verraten. Ein Makler wird da zu „Fanny Mae“, eine Hebamme zur „baby lady“.

Nicht als Bürger, wohl aber als Komiker würde Will Ferrell Bush vermissen, verriet er dem Fernsehsender New York One, und spricht damit stellvertretend für eine ganze Branche. Bush sei schließlich derjenige Präsident, der am meisten Material produziert habe.

Vom angekündigten „mehrdimensionalen Bush“ ist allerdings nicht viel zu sehen. Nur kurz gesteht er da auf der Bühne, beim Gedanken an die gefallenen Soldaten schlaflos zu sein. Ansonsten siegt der Slapstick. Nun muss es ja nicht gleich ein Hitlervergleich sein, aber eine beißende Satire sieht anders aus, zumal mancher in dieser Welt Bush wirklich gerne vor das Kriegsverbrechertribunal zerren möchte.

Man hätte von Will Ferrell auch Anderes erwarten können, wo ihm doch vorgeworfen wurde, Bush durch seine öffentlichkeitswirksame Parodie überhaupt erst ins Amt gebracht zu haben. Stattdessen erhält das linksliberale New Yorker Publikum nach acht Jahren konservativem Joch eine Lachtherapie. Dass die New York Times einst die Lüge von den Massenvernichtungswaffen im Irak mitverbreitete, dass irgendwer diesen Mann mal gewählt und lange Zeit unterstützt hat, das möchten Comedy und Publikum wohl gerne schnell vergessen. So teeren und federn sie einen Sündenbock, den sie zum liebenswerten Tölpel verniedlichen und damit überwinden.

Für „Kultur heute“ im Deutschlandfunk.