Der Kunstbetrieb muss sich radikal wandeln und klimaneutral werden, findet der Künstler Tino Sehgal. Aus eigener Erfahrung weiß er: Das ist sehr schwierig, insbesondere bei Museen. Denn die Kulturgeschichte legt der Institution ganz besondere Steine in den Weg.
Eine Kunstgemeinde, die um den Globus jettet; Kunstwerke, die hochversichert und klimatisiert weltweit verschickt werden; einmalige Aufbauten auf Kunstmessen; Performance-Ensembles, die an Metropolen überall verliehen werden – klimaneutral ist der Kunstbetrieb nicht gerade. Gerade die Museen verbrauchen massiv Energie, weil sie Konservatoren zufriedenstellen müssen, die eine konstante Temperatur und Luftfeuchtigkeit im Museum verlangen. Ein paar Eintrittskarten auf Altpapier mit Algentinte zu bedrucken, das hilft da nur wenig. Der Betrieb muss massiv umdenken und an unendlich vielen Stellschräubchen drehen.
Der Künstler Tino Sehgal sagt: Das Problem liegt auch noch auf einer tieferen Ebene: Das Museum hat sich in der Moderne als abgeschiedener Ort konstituiert, der Kunstobjekte abgetrennt von ihrer Umwelt präsentieren wollte. Das Museum sei ein monosinnlicher Ort, der eben durch seine Beschränkung die Sinne schärfen wollte und das Ritual der Sinndeutung am einzelnen Kunstwerk perfektionieren wollte.
Dieses Konzept gelte es aufzubrechen, wenn wir auf jeder Ebene ein ökologisches Denken in die Tat umsetzen wollen: Wenn alles mit allem zusammenhängt, wenn jede brennende Glühbirne im white cube Folgen für das Klima hat, dann müssen wir die „Teilungslogik“ des Museums überwinden.
Das Gespräch ist Teil zwei von zwei Sendungen zum Thema „Kunst und Klima“ und ist nachhörbar und nachlesbar auf den Seiten von Essay und Diskurs im Deutschlandfunk.