Ja, es gibt eine regelrechte Selbstoptimierungs-Industrie mit Büchern, Apps, Kursen. Aber die Kritik daran ist oft selbstgefällig, klassistisch, dünn. Ein Gespräch mit der Soziologieprofessorin Anja Röcke, die an der HU Berlin lehrt.

Sie sei ein nach innen verlegter Zwang des Kapitalismus, so lautet eine Kritik an der Selbstoptimierung; sie individualisiere gesellschaftliche Probleme, die es eigentlich anzusprechen gelte. Aber was hilft so eine Sicht von oben dem konkreten Individuum? Sie sei ein unendlicher Prozess, wird kritisiert – aber sind das Aufklärung und Wissenschaft nicht auch, die nicht dermaßen gebasht werden? Hinter dem eigenen Willen der Verbesserung verstecke sich eigentlich ein Zwang von außen, heißt es – aber liegt der nicht bei vielen Veränderungs- und Bildungsprozessen vor?

Wer einmal genauer auf die zumeist vom ohnehin schon arrivierten bürgerlichen Lager vorgetragenen Argumente schaut, reibt sich schnell die Augen: Nun erkennt man die Leibverachtung in den Kritiken, die Technikfeindlichkeit im App-Bashing, die Angst, eine althergebrachte Vorstellung vom unveränderbaren Kern-Ich könne gefährdet sein. Ganz abgesehen davon, dass die knallhart durchgezogene Selbstoptimierung in mehreren Lebensbereichen und über längere Zeiträume eher ein randständiges Phänomen ist.

Anja Röcke steht den Selbstoptimierungs-Phantasien unserer Zeit durchaus kritisch gegenüber. Aber gegenüber den Kritikern will sie zumindest skeptisch sein. Nachhörbar auf den Seiten von Essay und Diskurs im Deutschlandfunk.