Vor fünf Jahren landete der Autor Frank Schätzing mit seiner biologischen Apokalypse „Der Schwarm“ einen gigantischen Publikumserfolg. Der Roman wurde in 27 Sprachen übersetzt und millionenfach verkauft. Von der Tiefsee ist Schätzing nun in die Weiten des Weltalls übergesiedelt.Heute erscheint sein neuer Thriller „Limit“, in dem es um Ressourcen auf dem Mond geht, um die Kämpfe zwischen rohstoffhungrigen Großmächten und um morallose Konzernlenker aus der Privatwirtschaft. Die Idee dazu hatte Schätzing schon vor eineinhalb Jahrzehnten, lange vor „Der Schwarm“, in einem wissenschaftlichen Artikel gefunden.
2025 scheint die Energiewende geschafft: Man baut auf dem Mond den Stoff Helium-3 ab und transportiert ihn mit kilometerlangen Weltraumfahrstühlen günstig zur Erde. Der Wettlauf um Öl ist Geschichte, beim neuen Space-Race haben die USA einen weiten Vorsprung. Doch da kündigt sich ein Anschlag auf die lunare Förderstation an. Stecken die Chinesen dahinter? Ein Konkurrenzunternehmen? Terroristen? Anders als im Schwarm kommt die Bedrohung nicht von draußen, sondern liegt im Menschen selbst. „Limit“ heißt das Buch nicht nur, weil physikalische Grenzen überschritten werden. Frank Schätzing:
„Wir begeben uns von der Erde wieder in den Weltraum. Es werden aber auch andere Limits in dem Buch überschritten: Wie weit geht die Privatwirtschaft, wenn man sie lässt? Wie weit geht Politik, wenn man sie lässt?“
Beängstigend realistisch schildert Schätzing diese nahe Zukunft: China hatte eine islamistische Revolution in Saudi-Arabien unterstützt; ohne mächtige und bisweilen korrupte Privatinvestoren sind die Staaten energiepolitisch machtlos. In diesem Szenario recherchiert der Detektiv Owen Jericho nach einer Verschwörung, weltweit von Hongkong bis Berlin, zusammen mit einer chinesischen Dissidentin. Schätzing entfaltet eine komplizierte Handlung.
„Wenn Sie ein globales Szenario beschreiben, wo sich viele Handlungsstränge verzahnen, und was hinterher auch aufgehen soll, dann ist es für mich unabdingbar eine Art Drehbuch, damit man sich daran entlanghangeln kann.“
Die meisten der unzähligen Figuren bleiben dabei leider blass wie der Mond. Erfrischend skurril wirken Auftritte von Major Tom oder vom greisen David Bowie. Dafür faszinieren die kreativen Science-Fiction-Gimmicks umso mehr: Der Weltraumfahrstuhl aus Nanofasern etwa, Handys mit eingebauten Beamern, Hackprogramme globaler Untergrundbewegungen oder einfach Sonnencreme aus Nanospiegeln – alles wird minutiös erklärt. Respektabel: Schätzing hat seine Recherchehausaufgaben gemacht.
„Ich habe im PC Dateien, ich arbeite meine Wissensgebiete ab, um das glaubwürdig schildern zu können. Hier beispielsweise den Mond. Ich wollte alles wissen, um alles glaubwürdig schildern zu können. Dann habe ich eine Datei mit einem Stichwortverzeichnis, und in die gehe ich dann rein. Es ist der Mann’sche Zettelkasten, aber in digitaler Form!“
Hühnerzucht, Rahmsaucenzubereitung und Sex in der Schwerelosigkeit – Schätzing konnte sich offensichtlich kein Detail verkneifen. Einige langgezogene Dialoge wirken daher wie Schweinchen schlau im Weltall. Fans von „Der Schwarm“ dürften deshalb enttäuscht werden: Der Roman kommt trotz einiger packender Verfolgungsjagden und Actionszenen nur langsam in Fahrt und hebt nie ab.
Rezensiert für NDR Kultur.