Viele Singles laufen in New York herum. Aber wie findet man sich, wenn unmenschliche Arbeitszeiten und lange U-Bahnfahrten kaum Zeit lassen? Klar: Wer nach One Night Stands sucht, Länderpunkte sammeln möchte oder einfach mal den Geschmack anderer Kontinente kosten möchte, findet eine riesige urbane Spielwiese vor. Aber was, wenn man echte Beziehungen wünscht? Dann helfen Datingservices. Und die warten zum Teil mit seltsamen, aber durchaus sinnvollen Ideen auf.
Die Werbung für Online Dating ist eine Folter für New Yorker Singles. Glückliche Grinsegesichter machen einem weis, der Weg zum Traualtar führe über Online-Formulare. Wohl kaum, meint Dating-Coach Sandra Schwartz-Pingrey.
“Da stellen die Leute geschönte Bewerbungsfotos rein, manchmal sogar 10 Jahre alte Fotos. Also winkt die Enttäuschung. Dann kommen die nach hause und machen wieder den Rechner an und suchen in hunderten von Profilen…Das ist nicht das reale Leben!”
Speed-Dating ist immer noch in Mode, aber ziemlich stressig, oberflächlich und beliebig. Wie aber trifft man Leute, die zumindest in etwa die gleichen Interessen haben?!
Die 25jährige Lauren sucht Leute bei Fit 2 date: geschlechtsübergreifendes Fitnesstraining im Central Park.
“Alle mögen Sport, sind aktiv, extrovertiert. Es gibt kein Makeup, man sieht nicht optimal aus in seinen Trainingsklamotten. Schwitzen und sich bewegen – da kommen die Sexuallockstoffe raus.”
Eine Stunde lang Liegestützen, Staffellauf, Teamsport, Wettspiele…heißt das nicht: Natürlich Auslese – also Fortpflanzungschancen nur für die Fittesten?
“Es hat meine Erwartungen übertroffen. Ich hatte vielleicht Muskelkater! Aber es funktioniert für verschiedene Fitnesslevel. Da waren einerseits Ex-Basketballspieler. Aber ich laufe nur ein paar Mal pro Woche und gehe nur ein paar Mal ins Fitnessstudio…”
Ach so, na dann…also Klartext: Der Durchschnittsbürger würde wohl sofort zur Happy Hour gehen, bei der man sich nach dem Drill mal gepflegt unterhalten kann. Anscheinend setzen viele Angebote in New York auf den Achterbahntrick: Sport oder Angst, Herzklopfen, Liebe. Man wird verkuppelt, wenn man Wolkenkratzer erklettert, Flugstunden nimmt, fechten lernt oder eine Schnitzeljagd durch die Betonwüste unternimmt. Irgendwie alles ganz schön eitel und erlebnisgeil.
Aber die Rettung naht in der Weihnachtszeit: Charity Dating. Tu Gutes und flirte darüber hinaus. Sandra Schwartz-Pingrey schickt potentielle Pärchen zum Beispiel in Suppenküchen. Wenn man also schon nicht die Liebe des Lebens gefunden hat, dann hat man wenigstens etwas Gutes getan und den Abend nicht komplett verschwendet.
“Wer bei mir Kunde ist, weiß, dass einem potentiellen Partner Engagement schon einmal wichtig ist. Das ist ein Vorteil. Außerdem gibt es auf dem Date was zu tun. Das nimmt den Druck raus. Man hat etwas, worüber man sich unterhalten kann. Und man bekommt mit, wie der Dating-Partner sich gegenüber anderen Menschen verhält!”
Mancher verhält sich schon gegenüber Sandra Schwartz-Pingrey nicht gerade sozialkompetent.
“Die wollen wissen, warum sie der Institution nicht einfach einen Scheck ausstellen können…! Das finde ich immer recht seltsam, das sagt etwas über diese Leute aus. Zu 99,9 Prozent sind es Männer.”
Das Engagement für die Gesellschaft will Sandra Schwartz-Pingrey mit ihrer Dating-Agentur nebenbei stärken. Gartenarbeit, Gassigehen mit Hunden, Schulgebäude reparieren – Hauptsache, die Turteltäubchen können sich unterhalten und die gute Tat dauert nicht zu lange. Alles ist möglich. Fast alles.
“Die seltsamste Anfrage war mal, ob unsere Dater Blut spenden würden. Ich dachte, das wäre das schlimmste denkbare Date. Das mache ich nicht. Und auch nichts mit Bettpfannen oder Sterbehospizen…”
Hunderte Singles hat Sandra Schwartz-Pinkrey in ihrer Kartei, ein Jahres-Abo kostet 600 Dollar. Sehnsüchtige Singles kontaktieren sie ebenso wie wohltätige Organisationen auf der Suche nach Freiwilligen.
“Seit Obamas Wahl schießen meine Kundenzahlen in Rekordhöhen. Und da die Wirtschaft den Bach runtergeht, wollen sich auch mehr Leute engagieren. In Krisenzeiten wollen die Leute einen Partner, und sie wollen mit anpacken.”
Aha! Unsere Ideen für noch mehr knisterndes Krisenfeeling: Assistieren bei Zwangsversteigerungen oder Kündigungsschreiben in der Autobranche verteilen. Und wenn’s gerne weiter weg gehen darf: Abenteuertrips im Kongo, Bergwanderungen in Afghanistan oder Bötchen fahren vor Somalia.
Für das „Neonlicht“ im Deutschlandradio Kultur.
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Cause and Effect Dating
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