Eine „Industrie“ nennt man die Comedy-Branche in den USA ganz selbstverständlich. Fleiß ist hier nötig, um Karriere zu machen. Viele Possenreißer drängen auf den Markt, aber Auftrittsmöglichkeiten in Clubs, gar im TV sind rar. Das New York Underground Comedy Festival will deshalb jungen Witzbolden eine Chance geben.
„Dieses Geschäft ist brutal hart. Ich bin sogar mal wöchentlich in so einer derben Kneipe auftgetreten. Wenn die ersten 20 Sekunden nicht gut waren, haben die einen angebrüllt und von der Bühne geschmissen. Da habe ich gelernt, schnell lustig zu sein, damit die nicht mit Bierkrügen nach mir warfen…“
Tim Krompier ist 35, schon etabliert und moderiert auf dem New York Comedy Festival ein paar Veranstaltungen. 700 Jung-Entertainer haben sich mit Youtube-Videos und DVDs beworben, 180 konnten einen Platz in einer Show ergattern. Jung-Entertainer, das heißt in den USA: vielleicht schon mehrere Jahre in kleinen Clubs unterwegs, aber noch nie wöchentlich und schon gar nicht im Fernsehen aufgetreten, erklärt Jim Mendrinos, der Festivalleiter:
„Viele Festivals liefern der Branche zu: Montreal oder Las Vegas. Aber dort treten die Showgrößen auf. Wir zeigen die kleinen Stars. Überhaupt scheint sich die Branche in New York und Los Angeles zu konzentrieren. Wir sind froh, Leute zu zeigen, die zuhause in Ohio oder Kentucky vielleicht nie auf die Bühne kämen.“
Für die zehn Tage haben sich schon einhundert Leute aus der Branche akkreditiert: Castingagenten vom Fernsehen, Tourmanager, Comedyclub-Besitzer. Allein 75 Teilnehmer des vergangenen Jahres hat Mendrinos ins Fernsehen oder in den berühmten Gotham Comedy Club gebracht. Bewerbungen kamen aus Neuseeland und Australien. Steve MacConey aus Boston etwa hat nicht gezögert und ist sofort in den Bus gesprungen, als er wusste, dass er dabei sein würde. Scott Yokerson ist schnell aus Japan zurückgekehrt. Er hofft, wirkungsvolle Witze über seinen Jetlag zu reißen.
Neben Auftritten winkt auch die professionelle Hilfe: In einer Podiumsdiskussion erfuhren die jungen Possenreißer, dass kaum etwas ohne Agenten geht. In Seminaren trainiert zum Beispiel Eddie Brill von der Letterman-Show. Jim Mendrinos:
„Man zeigt ihnen eher, wie sie Fehler vermeiden und alles technisch sauber präsentieren. Zum Beispiel: Hier brauchst Du zu viele Worte bis zur Pointe, mach das mal kürzer…“
Rick Overton, 37 Jahre im Geschäft, hat schon mit Jerry Seinfeld und Robin Williams zusammengearbeitet. Er lehrt die Kunst der Improvisation. Motto: Witze nicht wie ein Maschinengewehr rausballern.
„Man kann Lacher durch Schweigen bekommen, etwa, wenn man eine Pause macht und eine skeptische Grimasse zieht. Ich nehme den Unterricht sehr ernst und liefere Theorie. Der DaVinci-Code für gute Comedy ist: Nicht cool sein – Coolness ist der Feind der Comedy. Sondern: Echt sein. Dann kann das Publikum sich mit einem identifizieren.“
Das probiert der Nachwuchs dann auf den Wettbewerben, am Samstag in unterirdischen Sälen des Ha-Comedy-Clubs, nahe dem Times Square, moderiert übrigens von Wettbewerbsgewinnern des vergangenen Jahres. Der höchste Preis dieses Jahr: Wöchentliche Auftritte in einer Comedykneipe, zu gewinnen im Profiwettbewerb am Dienstag.
Im Nachwuchswettbewerb am Wochenende probieren die meisten Teilnehmer Gags mit ihrer Herkunft aus: Helen Hong parodiert sich als Asiatin. Maria Shehata aus Ägypten regt sich auf, dass Leute sie im Bus immer fragen: He, Du, worüber reden Deine arabischen Freunde dahinten? Irgendwann antwortete sie:
„Egal, aber steigt einfach nur schnell aus…“
Politik zieht natürlich auch. Es gäbe vielleicht doch eine Ausnahmesituation, in der selbst Sarah Palin für Abtreibung votieren würde:
„Wenn ein Vater Sex mit seiner Tochter hätte und man wüsste, dass das Baby auf jeden Fall ein liberaler Demokrat würde…“
Nicht politisch korrekt, sondern rassistisch, wahlweise frauen- oder männerfeindlich, eben immer drastisch ist der Humor gerade in New York. Am Ende wählt das Publikum Eric I zum Sieger, wegen Witzen wie: Neulich hatte ich Marathonsex, ja, die Frau ist vor mir weggelaufen.
Er wolle für den Rest seines Leben Comedyshows geben. Er wolle ins Fernsehen, sagt er, er will Leute einfach zum Lachen bringen.
Einen kleinen Schritt näher ist er dem Ziel gekommen. Sein Preis: Ein eigener Auftritt auf dem Festival. Kurse, Seminare und Marketing-Know How: Eric freut sich über das Angebot. Tim Krompier, schon etwas näher am Ziel, stimmt ihm zu.
„Zur Standupcomedy führt aber am Ende nur ein Weg: Die Bühne. Niemand außer dem Publikum sagt Dir, ob Du lustig bist,. Die zahlen schließlich, und wollen sich amüsieren. Es ist eben ein Geschäft!“
(für Corso im Deutschlandfunk)