Obama wurde im Wahlkampf allenfalls als auf dem Wasser wandelnder Messias verspottet. Und nach seiner Wahl? Da sucht die Unterhaltungsindustrie krampfhaft nach Witzaufhängern, aber bleibt noch relativ brav. In den Wochen vor dem vierten November hatten die Comedyformate und Late-Night-Shows dagegen aufgejuchzt: Der Wahlkampf ließ die Quoten steigen. Schließlich gab es saftiges Material: Sarah Palin, die elchjagende ehemalige Schönheitskönigin mit Hinterwäldlerakzent und rudimentären, dahin gestotterten Außenpolitikkenntnissen; die Schmutzkampagnen von John McCain, die Anschuldigungen von FOX News. Kein Wunder, dass die eher liberale Medienbranche genüßlich auf die Konservativen eindrosch.
Wie soll die liberale Unterhaltungsbranche nun über ihren Wunschkandidaten und Liebling witzeln? Indem man Barack Obamas messianische Wirkung verulkt. Die Daily Show auf Comedy Central zeigt ach so seriöse Politjournalisten der großen Fernsehsender, die Obama verfolgen, als gehe es auf einem Klatschsender um Britney Spears.
Ein Hauch von Medienkritik. Leider geht es in den Late Night Shows eher unpolitisch zu. In zusammengeschnittenen Interviews verspricht Obama bei Jay Leno, dass die Serie Sex and the City gestoppt wird. Conan O’Brien führt verunstaltete Hunde vor, die Obama für seine Töchter kaufen könnte. Witze müssen hier auf die Starqualitäten eingehen, auf das aufregende Privatleben. Obamas Schwiegermutter wolle einziehen?… fragt David Letterman etwa… Aber sei Obama nicht gegen Folter?!
Obamawitze sind eigentlich eher Bushwitze. Bush sei längst amtsmüde und frage Obama deshalb: Hey, wie fänden Deine Töchter Sylvester im Weißen Haus? Möchten sie vielleicht sogar Weihnachten schon drin sein? Der Colbert-Report auf Comedy Central erhebt die Konservativenschelte gar zum Leitmotiv: Stephen Colbert mimt einen fundamentalkonservativen Moderator. Seine Hetze:
„Obama, ein zeitreisender Nazi-Moslem“. Treffender lassen sich die Anschuldigungen des Fernsehkanals FOX-News nicht überspitzen.
Direkten Obamawitzen aber droht die Rassismusfalle. Natürlich gibt es Witze über Minderheiten, vor allem in Comedyclubs sind die gerne extrem politisch unkorrekt, gerade die Judenwitze. Aber die wiederum reißen Juden selbst, verulken den angeblichen jüdischen Selbsthass und leiten daraus keinerlei Aussagen über den Zustand der USA ab. Die Geschichte der einst versklavten Afroamerikaner aber ist der wunde Punkt dieser so auf Freiheit und Gleichheit erpichten Nation.
Der Rassismus sei seit Obamas Wahl vorbei, parodiert Colbert eilfertige gutgläubige Zeitgenossen. Schwarze und Weiße seien quitt, schließlich hätten die Schwarzen ja jetzt Atomwaffen und Fort Knox unter ihrer Kontrolle, grinst da – natürlich – ein Afroamerikaner. Minderheitenwitze machen auch hier am besten Angehörige der Minderheit selbst.
Und geben den schwarzen Peter weiter an die nächste Minderheit. Der Afroamerikaner Larry Wilmore freut sich schon auf das erhebende Gefühl, nicht mehr Objekt, sondern Subjekt bei Wohltätigkeitsveranstaltungen zu sein – und endlich den armen, armen Latinos zu helfen. So perfide hier auch vorgeführt wird, wie man Rassismus unter dem Deckmantel des Mitleids versteckt – Obama bleibt bloß Anlass, wird nicht zum Objekt des Witzes.
Einzig der Colbert-Report zieht dann doch konkret Obamas rigide Anforderungen an zukünftige Mitarbeiter ins Lächerliche. Colbert spricht mit Cliff Sloan, der Bewerber für Regierungsämter prüft, und hält alte Zeitungsartikel ins Bild: aus dem Slate-Magazin, dessen Herausgeber Sloan einst war. Thema: Sex!
So etwas dürfte dem Mann in den Augen der meisten Amerikaner jede moralische Autorität absprechen. Eine im Grunde ernsthafte Kritik an Obamas Vorgehen, der sich die Daily Show anschließt: Der „Change“ solle wohl mit der alten, übrigens meistens weißen Clinton-Mannschaft bestritten werden, lacht sich Moderator Jon Stewart kaputt.
Und im ach so herausfordernden Kabinett der Rivalen, so Stewarts Vorschlag, könne dann ja gleich Osama bin Laden Heimatschutzminister werden. Der denke sich am besten in Al-Quaida ein.
Auf richtig bissige Witze gegen den künftigen Präsidenten darf man wohl realistischer Weise erst nach Obamas Amtseinführung hoffen. Wenn selbst der inspirierende erste schwarze Präsident unliebsame Entscheidungen fällt – und seinen Status als Messias verliert.
Gesendet in „Kultur heute“ im Deutschlandfunk.