„Ein CNN-Journalist meinte neulich: Araber sind die neuen Schwarzen in Amerika. Ich war geschockt: Oh mein Gott, dachte ich: Jetzt sind wir cool!“
Dean Obeidallah macht seit dem 11. September 2001 solche Witze. Als arabisch-amerikanischer Comedian kämpft er für ein besseres Bild der Araber in den USA – mit verdammt guten Witzen. Ein Porträt.
„Die Leute haben Angst vor uns, weil sie nicht wissen, wer wir sind. Die Medien bringen ja ausschließlich zwei Geschichten über uns: Die schlechte, in der wir militante Terroristen sind, und die gute, in der wir nur vermutlich militante Terroristen sind.“
Grünes T-Shirt, modisch verwaschene Bluejeans, Sneaker, so steht Dean Obeidallah lässig auf der Bühne. Seine verschmitzt blickenden Augen schweifen ständig vom einen zum anderen Teil des Publikums, seinen Mund umspielt ein ironisches Lächeln.
„There were two ethnicities where I grew up: Italians and my dad!“
Die Comedy scheint ihm rückblickend in die Wiege gelegt. Der 39jährige kam in New Jersey zur Welt: als Sohn eines eingewanderten Palästinensers und einer Sizilianerin. Sein Vater sei von Natur aus lustig gewesen, die Mutter eher unfreiwillig, meint Obeidallah.
„Meine Mutter liebte die Mafia und drohte mir wie die Mafiosi, die sagen: ‚Gott behüte, dass Du Dienstag erstochen wirst‘. Sie drohte mir mal: Gott behüte, dass Dein Hund nicht vom Blitz getroffen wird. Er könnte bei Gewitter ja in Alufolie eingewickelt und im Garten ausgesperrt werden…“
In der Schule spielte Obeidallah den Klassenclown, ohne im Traum daran zu denken, einmal professioneller Komiker zu werden. Arabischer Komiker schon gar nicht, schließlich begriff er sich damals kaum als Araber.
„Meine Familie war so ein typischer amerikanischer Schmelztiegel. Ich fühlte mich dem Islam und dem Christentum, dem Arabischen und dem Italienischen verbunden. Damals war es für junge Amerikaner möglich, dass man verschiedene Wurzeln hatte und sich nicht für eine dieser Kulturen entscheiden musste.“
Wenn Obeidallah seinen Mitschülern erklärte, sein Vater sei aus Palästina, hielten sie das für eine Region im Süden von New Jersey, erzählt er grinsend. In den USA der Siebziger Jahre waren Araber kaum wahrgenommene Exoten.
Dean Obeidallah studierte erst politische Wissenschaften, dann Jura in New York. Eigentlich wollte er sich politisch engagieren, wurde aber erst einmal Anwalt in einer New Yorker Kanzlei – und langweilte sich mehrere Jahre – bis 1994.
„Es gab da eine Stand-Up-Show in New York, die hieß ‚Der lustigste Anwalt‘. Meine Kollegen meinten, da solle ich unbedingt hin. Für die war ich der witzigste Mensch der Welt, weil Anwälte ja überhaupt keinen Sinn für Humor haben!“
Obeidallah erntete auch bei Nicht-Anwälten Lacher, und fand Geschmack am Rampenlicht. Aber Geld gab es keines für die Auftritte – Dean erklomm die untersten Stufen der Comedyszene Jahr für Jahr auf Open Mikes. Und dann veränderte ein einziger Tag sein ganzes Leben.
„Nach dem elften September habe ich niemandem gesagt, dass ich Araber sei. Ein Clubbesitzer sagte mir zum Beispiel: Lass Deinen Nachnamen auf der Bühne bloß weg! Ich gab mich sechs Monate lang nicht als Araber zu erkennen. “
Schließlich stießen ihm die antiarabischen Tiraden der Politiker und die Panikmache in den Medien zu sehr auf. Dean Obeidallah beschloss: Er wollte sich als arabisch-amerikanischen Komiker definieren, wieder zu seinen kulturellen Wurzeln zurückkehren. Eine Bauchentscheidung. Eine Entscheidung für eine Marktlücke – und für ein spielerisches politisches Engagement.
„Alle Minderheiten in den USA haben einen speziellen Monat zum Feiern. Es gibt so etwas für Asiaten, Schwarze und Latinos. Und was gibt’s für die Araber?! Alarmstufe Rot!“
Das kam an, vor allem bei arabisch-stämmigen Amerikanern, denen er endlich eine Stimme verlieh. Humor wurde Dean Obeidallahs Lebensweise und -weisheit.
„Ein misstrauischer Bankangestellter fragte mich einmal, was mein Name bedeute. Ich sagte: Er bedeutet ‚friedlicher Araber‘. Der Mann wolte wissen, woher ich käme. Ich antwortete: aus dem Lande von Alladin!“
2003 gründete Obeidallah in New York das mittlerweile sehr erfolgreiche arabisch-amerikanische Comedyfestival. Jahr für Jahr strömten mehr Besucher dorthin. Für einige arabisch-stämmige Amerikaner war es eine Verbindung zu ihrer Heimat oder Kindheit. Andere sähen ihre Kultur endlich mal unverzerrt wiedergespiegelt, meint Obeidallah stolz, und der Durchschnittsamerikaner könne sehen, dass Araber auch Humor hätten. Alle zusammen sollten sich damals vor allem über Bush-Witze kaputtlachen.
Show: „We…have…to…reduce…our…dependance…on…foreign…oil!“
„Wenn es ums Öl geht, spricht Bush immer eindringlich und langsam – als seien WIR die Blöden!“
Freche Gags, als Bush noch beliebter war als am Ende seiner Amtszeit. Dafür bekam Obeidallah 2006 die Bill-Hicks-Preis politisch engagierten Humor – ein Preis, der ihn sehr stolz machte, bekennt er.
Längst hatte er da seinen Anwaltsjob geschmissen und arbeitete als Mädchen für alles hinter den Kulissen beim Fernsehsender NBC. Fernsehauftritte, sogar ein Pilotfilm für Comedy Central folgten, auch gelegentliche Comedy-Touren durch den Nahen Osten. Dort erfuhr er zuletzt hautnah, wie sehr Obama die Stimmung geändert habe. Für Araber sei der weltoffene Obama die Erlösung nach der dunklen Bushzeit, findet Obeidallah – und hat an Witzen über den neuen, sympathischen Präsidenten zu knacken.
„Obama will Terroranschläge ja jetzt ‚menschengemachte Katastrophen‘ nennen. Wie bitte? Eine ‚menschengemachte Katastrophe’… so ein Begriff trifft wohl kaum auf den elften September zu. Wohl eher auf Kevin-Costner-Filme!“
Langsam entspanne sich die politische Lage wieder, findet Obeidallah.
„Wer mit dem Flugzeug fliegt, setzt sich doch sicher lieber neben ein paar Araber, als neben ein paar schniefende und hustende Mexikaner…Na klar: Die Schweinegrippe finden die Leute gefährlicher als Al Kaida! Als Komiker ist das für mich kein Problem. Ich bin ja nicht auf das Arabische abonniert – ich mache sowieso auch allgemeine Witze über die Politik.“
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